Mit Systemsprenger kommt der deutsche Oscaranwärter in unsere Kinos. Herzergreifend, real und knallhart! Ein kleiner, aber wuchtiger Film aus Deutschland. Mehr erfahrt ihr hier in meiner Review!
INHALT
Pflegefamilie, Wohngruppe, Sonderschule: Egal, wo Benni hinkommt, sie fliegt sofort wieder raus. Die wilde Neunjährige ist das, was man im Jugendamt einen „Systemsprenger“ nennt. Dabei will Benni nur eines: Liebe, Geborgenheit und wieder bei ihrer Mutter wohnen! Doch Bianca hat Angst vor ihrer unberechenbaren Tochter. Als es keinen Platz mehr für Benni zu geben scheint und keine Lösung mehr in Sicht ist, versucht der Anti-Gewalttrainer Micha, sie aus der Spirale von Wut und Aggression zu befreien.
INFO
Titel: Systemsprenger (2019)
Originaltitel: Systemsprenger
Internationaler Titel: System Crasher
Startdatum: 19.09.2019
FSK: ab 12
Regie: Nora Fingscheidt
Darsteller: Helena Zengel, Albrecht Schuch, Gabriela M. Schmeide, Lisa Hagmeister
Drehbuch: Nora Fingscheidt
Genre: Drama
Produktionsland: Deutschland
Filmverleih: Port au Prince Pictures
Meine bescheidene Meinung:
Nur zur Erklärung; Systemsprenger nennt man, im beamtendeutsch, Kinder die so sehr schwer erziehbar, „verhaltensauffällig“, auch so ein beschissenes Wort, sind und die damit das System aus Heimen, Betreuern und jede andere Form solcher Maßnahmen oder Einrichtungen, sozusagen sprengen. Genauso ein „Systemsprenger“ ist die kleine Benni, um die sich dieser erschreckend ehrliche Film dreht.
Ja, dieser Film wird mich so schnell nicht mehr loslassen! In Systemsprenger steckt so viel Kraft, soviel Liebe, soviel Wut und noch mehr Wahrheit, dass es fast schon wehtut. Der Film hat mich schockiert und fasziniert. Vollkommen zurecht, ist dies der deutsche Oscar-Kandidat und dieses Mal, könnte dann wieder ein deutscher Film mit den begehrten Goldjungen nach Hause gehen.
Knallharte Kinokost!
Regisseurin und Drehbuchautorin Nora Flingscheidt taucht ganz tief in ihre Hauptfigur Benni (Helena Zagel) ein und bleibt immer ganz nah dran an der Figur. So erzeugt das eine gewisse Nähe und Tiefe, die erbarmungslos ist und einem alles abverlangt. Immer wenn Benni ausrastet, um sich schlägt, brüllt oder alles zusammen ausbricht, dann entsteht ein beklemmender Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Diese unbändige Energie, die in ihr schlummert, ist in diesen Szenen greifbar real. Man spürt regelrecht ihre Wut und ihre Verzweiflung. Schonungslos ehrlich vermittelt einem der Film, wie kaputt unsere Kinder durch ein krankendes System werden und manche daran zugrunde gehen. Die Geschichte begleitet Bennie durch bestimmte Stationen in ihrem Leben und lässt den Zuschauer aufgewühlt und fragend zurück. Noch dazu schafft es Systemsprenger einem nachvollziehbar nahezulegen, warum selbst Menschen, welche Benni ins Herz geschlossen haben, an ihre Grenzen stoßen und das Handtuch werfen. Denn Benni ist wirklich gemein, gewalttätig, laut und anstrengend und dennoch auf ihre Weise liebenswert. Nichts desto trotz, sie ist neun Jahre und ein neun Jahre altes Kind, hat es verdient das man um sie kämpft und sie nicht aufgibt! Der Film bietet keine einfachen Antworten und verschont den Zuschauer nicht, sondern konfrontiert ihn mit bitteren Wahrheiten.
HERZZERREIßEND INTENSIV
Die schauspielerische Leistung, der Jungdarstellerin Helena Zengel, ( Die Tochter ) ist bemerkenswert. Ihre markerschütternde Performance, wenn sie wieder einen Ausraster hat, wird jedem Zuschauer lange im Gedächtnis bleiben. Diese Bandbreite an Emotionen die sie vermittelt, ist erschreckend real und wirklich oscarreif. Hervorheben möchte ich auch noch die darstellerische Leistung von Albrecht Schuch ( Westwind ) als Anti-Gewalttrainer Martin Heller, der den scheinbar einzigen Anker von Benni so einfach und dennoch so tiefgreifend spielt, dass man ihm jede Emotion völlig abnimmt.
Das erschreckende dabei ist; ein Kind wie Benni ist kein Einzelfall und wird es auch nie sein. Wenn einem klar wird, dass ein neunjähriges Kind, mit so viel Energie, Wut und unkontrollierbaren Emotionen in sich, dass schon so viel Scheiße durchmachen musste, nicht geholfen werden kann, dann bricht es einem das Herz und die Seele weint! Sie ist doch nur ein Opfer der Umstände, welches nach Liebe und Hilfe schreit und dabei verloren geht. Genau das zeigt der Film!
Der einzige Makel ist wohl, dass der Film sich schwer tut ein richtiges Ende zu finden und verliert sich somit gegen Ende ein bisschen. Dennoch, Systemsprenger ist und bleibt für mich, ein sehr guter Film und wohl einer der härtesten den ich die letzten Jahre sehen bzw. erleben durfte. Ein Film braucht nur eine gute Geschichte und Schauspieler, die sie leben, dann muss er auch handwerklich nicht auf dem höchsten Level sein, um überzeugend zu sein.
Systemsprenger ist aufwühlend, augenöffnend und ungeschönt! Ein mitreißender Film, zutiefst berührend und schockierend. Eine Wucht! Darum bekommt Systemsprenger von mir 4 von 5 möglichen Punkten! Ein Film, der den Zuschauer fordert und einem geschafft zurücklässt! Mein Herz weint immer noch…
PUNKTEWERTUNG
1 Punkt - Katastrophe!
2 Punkte - Ein Hauch von Nichts!
3 Punkte - Kann man ansehen, muss man aber nicht!
4 Punkte - Sollte man sehen!
5 Punkte - Muss man sehen!